Der weltweite Güterhandel und die globale Vernetzung
Der weltweite Handel mit Gütern ist im 21. Jahrhundert rapide gestiegen. Die weltweiten Einfuhren haben sich zwischen 2000 und 2010 fast verdreifacht. Die fortschreitende Globalisierung und Vernetzung haben dieser Entwicklung geholfen. Das Verhältnis von Handel und Bruttoinlandsprodukt - gemessen anhand der Außenhandelsquote - beträgt seit den 2000er-Jahren über 50 Prozent, ein Anzeichen für die fortschreitenden Interdependenzen der Welt. Ein weiterer Faktor, der dabei geholfen hat, den Welthandel wachsen zu lassen, ist der Rückgang in Transport- und Kommunikationskosten. Dies führte dazu, dass besonders der Containerhandel in den vergangenen 20 Jahren deutlich gewachsen ist. Seit 2000 haben sich die Kapazitäten der weltweiten Containerschiffe fast verfünffacht.Etwa zwei Drittel der weltweiten Exporte im Jahr 2022 stammen aus Europa und Asien. Afrika und Lateinamerika dagegen haben einen vergleichbar geringen Anteil am weltweiten Ausfuhrhandel. Gemessen am Anteil der Ländergruppen geht mehr als die Hälfte des Wertes weltweiter Exporte auf Industrieländer, wie Deutschland oder die USA zurück. Besonders die Entwicklungsländer in Asien und Ozeanien verzeichneten in den vergangenen Jahren ein besonders starkes Wachstum im Exporthandel. Die wichtigsten Güter im Exporthandel sind nach wie vor verarbeitete Waren. Kraftstoffe und Bergbauprodukte folgen danach, während landwirtschaftliche Güter (zumindest am Warenwert gemessen) einen geringen Anteil haben. Dabei gibt es einen Unterschied je nach Kontinent. Während Asien, Europa und Amerika vorwiegend verarbeitete Waren exportieren, machen Brennstoffe und Bergbauprodukte den Großteil der Exporte von Afrika und Ozeanien aus.
- Die größten Exportländer weltweit sind China, die USA und Deutschland. Wobei China fast so viel exportiert, wie die USA und Deutschland zusammen.
- Die USA sind das größte Importland, vor China und Deutschland.
- Die USA sind zudem mit großem Abstand das Land mit dem größten Handelsbilanzdefizit.
- Den größten Handelsbilanzüberschuss verzeichnet China (alle Stand: 2022).
Erholung des weltweiten Dienstleistungshandels seit 2020
Während der Corona-Pandemie ist der weltweite Dienstleistungshandel deutlich eingebrochen. Die Exporte von Dienstleistungen sanken von rund 6,1 Billionen US-Dollar (2019) auf rund 5,2 Billionen US-Dollar (2020). Das lag zu einem Großteil am Rückgang des Transportsektors und Tourismus. Die Transportbranche hat sich seit 2021 wieder erholt, die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind dennoch auch zwei Jahre später spürbar. Im Jahr 2019 hatten Lufttransporte noch einen Anteil von rund 35,2 Prozent des weltweiten Handels mit Transportdienstleistungen. Im Jahr 2020 fiel der Anteil auf rund 22,4 Prozent. Bis 2022 erholte sich der Lufttransportsektor, liegt aber noch rund 10 Prozentpunkte unterhalb des Niveaus von 2019. Die Seetransportbranche hat dagegen an Anteilen gewonnen. Im Jahr 2022 hat das Wachstum in sonstigen Dienstleistungsbranchen etwas nachgelassen, in der Finanzdienstleistungsbranche sogar etwas abgenommen. Zugenommen haben vor allem digitale Dienstleistungen und Informationsdienstleistungen. Dabei hat der intraregionale Handel mit digitalen Dienstleistungen in Asien stark zugenommen und hat 2021 rund 43 Prozent des gesamten Dienstleistungshandels der Region ausgemacht. In Europa haben digitale Dienstleistungen einen Anteil von fast zwei Dritteln am intraregionalen Dienstleistungshandel.- Das mit Abstand größte Exportland von Dienstleistungen sind die USA, mit einem Gesamtwert von rund 900 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022. Das zweitplatzierte Großbritannien kommt auf rund 492 Milliarden US-Dollar Exportvolumen.
- Die USA sind ebenfalls der größte Importeur von Dienstleistungen weltweit im Jahr 2022. China und Deutschland sind auf Rang 2 und 3 der größten Importländer von Dienstleistungen.
- Damit verzeichnen die USA den größten Überschuss im Dienstleistungshandel. Mit etwa 228,6 Milliarden US-Dollar haben die USA die größte aktive Dienstleistungsbilanz weltweit. Im Güterhandel haben die USA dagegen das größte Defizit.
Expansion des Freihandels im 21. Jahrhundert
Die Anzahl der Handelsabkommen weltweit hat sich im Zuge der Globalisierung 21. Jahrhundert vervielfacht. Im Jahr 2023 gibt es 360 aktive Handelsabkommen, im Jahr 2000 waren es noch 82. Europa und Ostasien sind dabei die Kontinente mit den meisten aktiven Abkommen. Die Europäische Union allein hat 45 aktive Handelsabkommen. Auch Großbritannien, Chile und Singapur gehören zu den Staaten mit den meisten Handelsabkommen im Jahr 2023. Ein großer Teil des weltweiten Handels geht demnach nach Europa und Asien. Die interregionalen Handelsströme mit Zielregion Europa (rund 9,3 Billionen US-Dollar) und Asien (rund 8,7 Billionen US-Dollar) sind mit Abstand die größten. Nach Afrika dagegen gehen im Jahr 2022 nur rund 723,7 Milliarden US-Dollar an Exporten. Deutlich mehr Handelsvolumen verlässt dagegen Afrika. Etwa 86,4 Prozent des Exporthandels von afrikanischen Ländern geht in andere Regionen, nur rund 13,6 Prozent bleiben in Afrika. Der Anteil des extraregionalen Exporthandels in Europa beträgt 2022 nur rund 31,6 Prozent. Während also Europa und Asien mehr intraregional als interregional Güter exportieren, geht ein großer Teil der Exporte aus Afrika, Lateinamerika und Ozeanien in andere Regionen.Freihandel und Freihandelszonen
Die fortschreitende Globalisierung zeigt sich auch in der Zunahme von größeren Freihandelszonen. Beispiele dafür sind die ASEAN-Freihandelszone (AFTA), der Europäische Wirtschaftsraum (EEA) oder das USA-Mexiko-Kanada-Abkommen (USMCA; ehemals NAFTA). Im Jahr 2022 ist eine der größten Freihandelszonen aktiv geworden, die Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP). Diese umfasst die südostasiatischen ASEAN-Staaten, China, Japan, Südkorea sowie Australien und Neuseeland. Die Mitglieder von RCEP machen einen Anteil von etwa 28,8 Prozent der Weltbevölkerung, rund 28,2 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung und rund 27,7 Prozent des weltweiten Güterhandels aus. Im Vergleich zu anderen Freihandelszonen leben innerhalb des RCEP-Abkommens mehr Menschen als in allen anderen Freihandelszonen. In der Wirtschaftsleistung (BIP) wird RCEP lediglich knapp vom USA-Mexiko-Kanada-Abkommen überboten, die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft hat einen leicht höheren Anteil am Welthandel. Zum Vergleich: in Afrika wurde 2019 eine Freihandelszone beschlossen, das African Continental Free Trade Area (AfCFTA). Diese umfasst mit Ausnahme von Eritrea alle Mitglieder der Afrikanischen Union. Dabei würde die Freihandelszone zwar rund 18,1 Prozent der Weltbevölkerung umfassen, aber nur rund 2,8 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung und des Handels.
Freihandelszonen sollen Handel innerhalb der Mitgliedstaaten generieren, führen aber auch dazu, dass existierender Handel aufgrund der gesenkten Einfuhrzölle umgelenkt wird. Zudem ist Güterhandel innerhalb von Freihandelszonen oder Abkommen resistenter gegenüber globalen Krisen. Im Fall von RCEP wurden im Vorfeld Berechnungen angestellt, die von einer Handelsschaffung von rund 16,6 Milliarden US-Dollar ausgingen. Zudem ging man von weiterer Umlenkung von etwa 25,2 Milliarden US-Dollar bestehenden Handels aus. Hiervon profitieren jedoch stärker größere, exportorientierte Länder, wie Japan, China oder Südkorea. Doch auch für kleinere Staaten hat das Abkommen Vorteile von gesenkten Zöllen der anderen Staaten.
Die Welthandelsorganisation – Gemeinsame Regeln für den Welthandel?
Die Welthandelsorganisation (WTO) wurde 1995 gegründet und ist Nachfolgeorganisation des GATT-Abkommens (General Agreement on Tariffs and Trade). Hauptaufgabe der WTO und vorher der GATT ist die Regulierung des Welthandels über den Abbau von Zöllen und Handelsschranken. Während acht Verhandlungsrunden wurden eine Reihe von Handelsabkommen beschlossen, die verschiedene Aspekte des Welthandels regulieren, wie den Güterhandel (GATT), das Dienstleistungsrecht (GATS) oder Dumpingmaßnahmen. Die WTO ist ein Forum für Verhandlungen, überwacht die WTO-Abkommen und agiert als Streitschlichter bei Handelskonflikten. Die größten Geldgeber der WTO sind die USA, China und Deutschland. Im Güterhandel hat die Anzahl der Handelsbeschwerden seit 2020 zugenommen. Viele der weltweiten Pandemieregelungen und Einschränkungen führten auch im Welthandel zu Konflikten. Die meisten Beschwerden beziehen sich jedoch auf Anti-Dumping, Subventionen oder Konflikte in der Landwirtschaft. Mit den Handelsbeschwerden haben auch einfuhrbeschränkende Maßnahmen zugenommen. Von 2020 bis 2023 ist der Anteil der weltweiten Importe, die von beschränkenden Maßnahmen betroffen sind, von rund 8,6 Prozent auf rund 9,9 Prozent angestiegen. Die Uneinigkeit der Welt und der Mitgliedstaaten und die Zunahme von Konflikten hat auch die WTO in eine Krise gestürzt. Nicht zuletzt der Handelskrieg der USA unter Trump hat gezeigt, wie anfällig das System für nationale Alleingänge und Protektionismus durch mächtige Staaten sein kann. Konsensfindung im Kontext internationaler Handelskrisen hat sich oft als schwierig erwiesen. Nicht zuletzt deswegen wird seit mehreren Jahren eine Reform der WTO diskutiert. Gerade Entwicklungsländer profitieren ungleich weniger von der WTO und nehmen Streitschlichtungsoptionen weniger wahr. Doch eine WTO-Reform würde politisches Kapital der Industriestaaten benötigen. Die EU hat in der Vergangenheit versucht eine Reform anzustoßen, scheitert jedoch oft an der geringen Bereitwilligkeit anderer Staaten.Ausblick - Der Welthandel im Jahr 2024
Neben China schwächelten 2023 auch westliche Industriestaaten. Mitte des Jahres 2023 verzeichneten die USA einen relativen Rückgang der Exporte im Vergleich zum Jahr 2022. Auch deutsche Exporte sanken im Jahr 2023. Der weltweite Güterhandel dürfte auch 2024 durch geopolitische Krisen negativ beeinflusst werden. Der Ukraine-Krieg beeinflusst weiterhin das Weltgeschehen und übt Druck auf Lebensmittelpreise aus. Zudem hat der sich ausbreitende Krieg im Nahen Osten sich besonders Ende 2023 und Anfang 2024 auf den Welthandel ausgewirkt. Die Frachtraten für den Transport von Containern auf der Route von Shanghai nach Rotterdam haben sich zwischen Ende Dezember 2023 und Mitte Januar 2024 fast verdreifacht. Die Frachtkapazität im Roten Meer und dem Suezkanal hat dementsprechend deutlich abgenommen. Diese Auswirkungen werden den Welthandel zumindest in der ersten Jahreshälfte 2024 negativ beeinflussen. Positiv ist anzumerken, dass der weltweite Dienstleistungshandel weniger unter geopolitischen Krisen gelitten hat. Besonders der Handel digitaler Dienstleistungen hat zugenommen. Auch die weltweite Inflationsrate sinkt weiter, was im Jahr 2024 die Konjunktur und den Konsum weiter ankurbeln könnte. Eine mögliche Zinssenkung im Jahr 2024 könnte den Konsum weiter steigen lassen, auch wenn diese derzeit nicht abzusehen ist.